Jährlich sterben in Deutschland rund 70.000 Menschen an einem akuten Herz-Kreislauf-Stillstand. In den entscheidenden Minuten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes könnten durch Laienreanimation in bis zu 10.000 Fällen Leben gerettet werden. Doch hierzulande wissen nur etwa 50 Prozent der Bevölkerung, wie im Ernstfall zu handeln ist – in Dänemark liegt die Quote bei über 80 Prozent. Genau hier setzen die Herzretter an: Die Initiative befähigt Kinder, auch in Ausnahmesituationen Verantwortung zu übernehmen und beherzt zu handeln.
Eine lebensrettende Lücke wird geschlossen
„Kinder sind neugierig. Sie wollen verstehen, was passiert, und wissen, wie sie helfen können“, sagt Ann-Kristin Schulte-Westhof, Mitglied des ehrenamtlichen Vorstands von Herzretter e.V. „Und es ist immer wieder berührend zu sehen, wie stolz sie aus den Trainings kommen. Diese Selbstwirksamkeit ist etwas, das über das pure Wissen um die Wiederbelebung hinausgeht, und sie stärkt die Kinder ungemein.“
HerzretterTrainings: Kompetent, kindgerecht und konsequent
Seit 2016 wurden bereits mehr als 75.000 Schülerinnen und Schüler in Hamburg und Leipzig zu Herzrettern ausgebildet. Die Trainings sind altersgerecht aufgebaut, dauern 45 bis 120 Minuten und werden von speziell geschulten Schauspielerinnen und Schauspielern geleitet.
Die HerzretterTrainings folgen stets dem gleichen Leitprinzip: Prüfen – Rufen – Drücken. Einfache Regeln, die Leben retten. Das Besondere: Die Kinder üben an Puppen und in Tandemsituationen konkrete Handgriffe – von der Prüfung der Atmung bis zur Herz-Druck-Massage im Takt bekannter Songs wie „Biene Maja“ oder „Atemlos“. Und sie lernen, wie sie selbstbewusst Hilfe holen, Defibrillatoren einsetzen und im Notfall die richtigen Entscheidungen treffen.
Eberhard Sautter, Vorstandsvorsitzender der HanseMerkur, zeigt sich beeindruckt: „Herzretter e.V. beweist, dass Kinderschutz im besten Sinne auch Lebensschutz ist. Dieses Projekt verbindet Aufklärung, Praxiserfahrung und Empowerment auf eine Art, die nachhaltig wirkt. Es leistet einen unschätzbaren Beitrag zur Gesundheitsbildung in unserer Gesellschaft. Je mehr Herzretter es gibt, desto stärker sind wir im Kampf gegen Herz-Kreislauf-Stillstand.“
Ein Erlebnis, das bleibt
Jedes HerzretterTraining wird begleitet von echten Geschichten. Eine davon bleibt besonders im Gedächtnis: Florian, zehn Jahre alt, schlug beim Fußball mit dem Kopf gegen den Pfosten und blieb bewusstlos liegen. Die Erwachsenen riefen den Notruf, wussten aber nicht, wie sie helfen sollten. Erst der Rettungssanitäter überstreckte Florians Kopf, sodass seine Atemwege wieder frei warenund rettete ihm so das Leben – zehn Minuten später. Heute sitzt Florian im Rollstuhl. Wäre ein Kind dabei gewesen, das das HerzretterTraining durchlaufen hat, hätte Florians Leben einen anderen Verlauf nehmen können. Denn – was viele nicht wissen – das menschliche Gehirn kann nur etwa drei Minuten ohne Sauerstoff überleben, ohne irreparable Schäden davonzutragen.
Von der Vorschule bis zur Oberstufe – flächendeckend und inklusiv
Das HerzretterTraining wird bereits in der Vorschule eingeführt, an Grundschulen einmal, an weiterführenden Schulen zweimal durchgeführt. Vor jedem Training erfolgt eine sorgfältige Abfrage zu potenziellen Belastungen in der Klasse. Die Eltern werden vorab informiert. Besonders wichtig: Auch Kinder mit Beeinträchtigungen werden eingebunden.
Ergänzt werden die Trainings durch große Herzretter-Aktionstage mit buntem Rahmenprogramm und durch das Projekt „HerzretterStadt Hamburg“, das 2023 unter der Schirmherrschaft des Ersten Bürgermeisters Dr. Peter Tschentscher ins Leben gerufen wurde.
Zivilcourage beginnt im Klassenzimmer
Herzretter e.V. arbeitet non-profit und ehrenamtlich. Die Trainings sind spendenfinanziert für Schulen kostenlos. Eine Querfinanzierung durch Schulungen für Unternehmen gelingt bislang nur teilweise. Mit dem Preisgeld des HanseMerkur Preises für Kinderschutz sollen insbesondere HerzretterTrainings an Schulen in sozial benachteiligten Stadtteilen ausgebaut werden.
„Das Projekt rettet nicht nur Leben, es fördert Mut und Miteinander schon bei den Jüngsten“, sagt Nicole Kolbe, Mitglied der Geschäftsleitung. „Jedes Training zeigt uns: Kinder können mehr, als wir denken – wenn man sie lässt und ihnen etwas zutraut.“