In Deutschland leben rund 372.000 Menschen mit Typ-1-Diabetes, etwa 3.500 Kinder erkranken jährlich neu. Die Ursachen sind unklar, die Auswirkungen enorm. Eltern stehen plötzlich vor der Herausforderung, täglich Insulin zu verabreichen, Blutzucker zu messen, Kohlenhydrate zu berechnen und ihr Kind in Kita, Schule und Freizeit rund um die Uhr zu begleiten. Die übliche Klinikversorgung dauert nur wenige Tage – dann sind die Familien weitgehend auf sich allein gestellt.
Schnelle Hilfe, wenn das System nicht reicht
Hier setzt das "Diabetes Nanny Projekt" der Stiftung Dianiño an: Innerhalb von 24 Stunden nach Eingang einer Anfrage aus Klinik oder Praxis nimmt eine ehrenamtliche Nanny oder ein Nanno Kontakt zur Familie auf. Die rund 250 Nannies und Nannos – meist Diabetesberatende oder Kinderkrankenschwestern – besuchen die Familie zu Hause, unterstützen im Alltag und helfen, den Umgang mit der Krankheit zu bewältigen. Auch Großeltern, pädagogische Fachkräfte oder Betreuende in Sportvereinen werden geschult. 2023 betreute die Stiftung 895 Kinder in mehr als 1.000 Einsätzen.
„Die Diagnose zu bekommen, dass dein kleines Kind eine unheilbare Krankheit hat, war schwer zu verarbeiten“, erinnert sich Kathy Dalinger, betroffene Mutter und heutige Vorständin der Stiftung Dianiño. „Es war der schwerste Moment für mich, irgendwann loszulassen und nicht ständig die Werte meiner Tochter kontrollieren zu können.“
Kinderschutz auch bei chronischer Krankheit
„Typ-1-Diabetes ist unheilbar. Betroffene müssen ihr ganzes Leben Insulin spritzen. Der Ausbruch der Erkrankung ist nicht auf Bewegungsmangel oder Übergewicht zurückzuführen. Diese Fehlannahme trägt häufig zu Schuldgefühlen und zur Stigmatisierung von Betroffenen bei. Das führt zu vermehrten psychischen Belastungen - insbesondere bei Kindern, aber auch bei den Familien“, erklärt Dr. Berthold Maier, Psychotherapeut am Diabetes Zentrum Bad Mergentheim und Mitglied des Stiftungskuratoriums. „Es braucht mehr Zeit, mehr Gespräche und Verständnis für die psychischen Belastungen von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes und ihren Familien.“
Denn viele Familien geraten nach der Diagnose in eine emotionale Ausnahmesituation. Einige Eltern können kaum loslassen, kontrollieren die Blutzuckerwerte ihres Kindes auch nachts im Halbstundentakt – andere überlassen das Kind sich selbst. Beides kann das Kindeswohl gefährden. Die Stiftung sensibilisiert ihre Nannies für solche Situationen, bietet Supervision, Fortbildungen und Webinare zu Themen wie "Kinderschutz und chronische Krankheit".
Unersetzlich für den Alltag der Betroffenen
Ob Eingliederung in Kita und Schule, Betreuung bei familiären Notlagen oder Motivation zur Selbstständigkeit: Die Arbeit der Stiftung Dianiño schließt eine Lücke im deutschen Gesundheitssystem. Sie ist kostenlos für die Familien, wird ausschließlich durch Spenden finanziert und bundesweit umgesetzt. Die Hilfseinsätze erreichen auch Familien mit Flucht- oder Migrationsgeschichte. Sprachbarrieren werden durch Dolmetschen überwunden, kulturelle Unterschiede sensibel berücksichtigt.
Ein Preis für gelebte Menschlichkeit
„Mit großem Engagement, Fachwissen und Herz zeigt die Stiftung Dianiño, was Kinderschutz im Alltag von Familien mit chronisch kranken Kindern bedeutet“, sagt Eberhard Sautter, Vorstandsvorsitzender der HanseMerkur. „Sie holt die Kinder aus dem Schatten der Krankheit und gibt den Eltern Mut und Zuversicht. Kind sein trotz Diabetes – mit der Stiftung Dianiño wird das möglich. Dafür gebührt ihr große Anerkennung.“