Wie ist das bisherige Feedback von Patienten und Ärzten?
Dr. Peter Haug: Rückmeldungen von Patienten haben wir insbesondere im Falle klinischer Studien und Anwendungsbeobachtungen, bei denen sie für die Teilnahme umfassend aufgeklärt werden. Die in die Aufklärung involvierten Ärzte berichten uns von sehr hohen Zustimmungsquoten und gerade in regionalen Häusern von Unterstützung („toll, dass so etwas hier gemacht wird“). Im Regelbetrieb haben sich auch einzelne Patienten oder ihre Angehörige bei uns gemeldet und waren sehr dankbar, dass sie über ihre behandelnden Ärzte von der Innovation profitieren konnten.
DISQVER® kann auch in der onkologischen Diagnostik eingesetzt werden. Wie sieht das konkret aus?
Dr. Peter Haug: In der onkologischen Diagnostik stellt sich im Krankenhaus oftmals die Frage, ob das nach einer Krebsbehandlung auftretende Fieber auf eine Infektion zurückzuführen ist oder möglicherweise auf Nebenwirkungen der Krebstherapie. In derartigen Fällen detektieren wir, aufgrund des schlechten Immunstatus der Patienten, oftmals besondere Keime, die bei immunkompetenten Patienten nur selten auftreten – und das auch unter laufender antibiotischer Therapie mit präzisem Ergebnis. In ungefähr der Hälfte dieser Fälle können wir mit der Methodik eine relevante Blutstrominfektion hingegen ausschließen, sodass sich die Behandlung des Patienten dann auf Therapienebenwirkungen konzentrieren kann.
Auch bei einer Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis) kann DISQVER® als Diagnostiktool helfen. Wie funktioniert das?
Dr. Peter Haug: Bei Entzündungen der Herzinnenhaut werden sehr geringe Mengen von zellfreier DNA des Keims auch in das Blut ausgetragen, das mit unserer sensitiven Methode detektiert werden kann. So besteht die Möglichkeit, dass der Keim bei noch weniger ausgeprägten Entzündungen durch Antibiotikagabe zielgerichtet behandelt wird, ohne dass eine Herzoperation notwendig wird. Bei fortgeschrittenen Verläufen, bei denen eine Operation unabdingbar ist, ist die Kenntnis des Erregers ebenfalls sehr wichtig, da dieser im Laufe der Operation in das Blut austreten und ohne entsprechende Vorbereitungen ein septisches Bild verursachen kann.
Im Zusammenhang mit Sepsis wird häufig über Krankenhauskeime als Auslöser gesprochen. Welche Rolle spielen Krankenhauskeime tatsächlich?
Dr. Peter Haug: Gerade wenn Patienten vorerkrankt sind oder eine schwerwiegende Operation hinter sich haben, ist ihr Immunsystem oftmals sehr schwach, sodass sie sich im Krankenhaus mit Keimen infizieren können. Im Allgemeinen werden Krankenhauskeime oft als gefährlicher angesehen als primäre Infektionen im häuslichen oder ambulanten Umfeld, auch weil die Keime im Krankenhaus zu mehr Resistenzbildung neigen. Die klaren Grenzen verwischen hier aber. So sehen wir häufig auch bei Reiserückkehrern aus fernen Ländern oder im Zusammenhang mit südeuropäischen Ländern besonders auffällige Keime.
Wagen wir abschließend einen Blick in die Zukunft: Wie bewerten Sie die Bedeutung von technischen Innovationen in der Versorgung insgesamt?
Dr. Peter Haug: Neue Methoden haben im bestehenden Gesundheitssystem oftmals das Problem, dass sie erst spät bei entsprechenden Patienten eingesetzt werden – erst dann, wenn alle anderen Methoden nicht zum Erfolg geführt haben. Der Patient ist dann medizinisch gesehen oftmals bereits sehr weit in den Brunnen gefallen und die technische Innovation kann ihm nicht mehr helfen. Für uns steht fest: Aufgrund des demographischen Wandels wird es mehr Patientenfälle bei weniger ärztlichem und pflegerischem Potenzial geben. Das Gesundheitssystem ist deshalb auf eine Vielzahl von technischen Innovationen angewiesen, um auch in der Zukunft eine medizinisch und kostenseitig adäquate Versorgung erbringen zu können.