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Familienscout Preisträger 2025
Aachen/Hamburg, 7. Oktober 2025 Zurück

HanseMerkur Preis für Kinderschutz zeichnet das Projekt „Familien-SCOUT“ des Netzwerks Brückenschlag aus

Wenn ein Elternteil an Krebs erkrankt, gerät das gesamte Familiensystem ins Wanken. Besonders Kinder leiden oft still unter der neuen Situation – mit gravierenden Folgen für ihre Entwicklung. Das Projekt „Familien-SCOUT“ des Netzwerks Brückenschlag in Aachen bietet betroffenen Familien seit über zehn Jahren ein wegweisendes Hilfeangebot. Für diesen engagierten Einsatz erhalten der Caritasverband für die Regionen Aachen-Stadt und Aachen-Land e.V. und das Centrum für integrierte Onkologie (CIO) der Uniklinik RWTH Aachen in diesem Jahr den Mitarbeiterpreis des HanseMerkur Preises für Kinderschutz. Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert und wird im Rahmen der feierlichen Preisverleihung am 07. Oktober 2025 am Unternehmenssitz der HanseMerkur in Hamburg überreicht.

Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 37.000 Eltern minderjähriger Kinder an Krebs. Etwa 50.000 Kinder sind betroffen. Studien zeigen: Ohne angemessene Unterstützung entwickeln viele dieser Kinder Überforderungssymptome, depressive Verstimmungen oder psychosomatische Beschwerden. Der Schlüssel zur Stabilisierung liegt in der ganzheitlichen Begleitung der Familien. Genau hier setzt das Angebot „Familien-SCOUT“ an.

Verlässliche Begleitung in einer familiären Ausnahmesituation
Entstanden aus einer tragischen Versorgungslücke, steht der Satz „Ich bin ab jetzt an Ihrer Seite“ heute sinnbildlich für die Arbeit der Familien-Scouts: Seit – 2014 begleiten speziell geschulte Sozialarbeiterinnen betroffene Familien – von der Diagnose an und auch über den Tod des erkrankten Elternteils hinaus. Jedes Jahr betreuen sie etwa 75 Familien. Die Unterstützung reicht von der Beratung in der Kommunikation mit Kindern über Hilfen im Alltag bis zur Vermittlung weiterer psychosozialer Angebote.

Dr. Andrea Petermann-Meyer, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Zusatz Psychotherapie und psychosoziale Onkologie (DKG) am CIO Aachen, erinnert sich an die Anfänge: „2012 betreuten meine Kollegin Jessica Hugot und ich dieselbe Familie – eine werdende Mutter mit einer Krebsdiagnose. Nach der Geburt verschlechterte sich ihr Zustand rapide, und neun Monate später verstarb sie. Mit ihrem Todestag endete auch die Unterstützung durch die Haushaltshilfe der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Familie stand völlig alleine da. Uns war sofort klar: Das kann so nicht bleiben.“

Petra Stoschek, Teamleitung und Familien-Scout der ersten Stunde, ergänzt: „Kinder haben besonders feine Antennen. Wenn sie nicht altersgerecht in die Situation eingebunden werden, entstehen Unsicherheiten, Ängste oder Schuldgefühle. Wir helfen den Eltern, Worte zu finden, und begleiten die Kinder dabei, mit der Situation umgehen zu lernen.“

Neue Versorgungsstrukturen durch sektorübergreifende Kooperation
Das Angebot ist das Ergebnis eines engen Zusammenspiels von Gesundheitshilfe und Jugendhilfe. Der „Runde Tisch Brückenschlag“ bringt Jugendämter, Krankenkassen, Onkologen und psychosoziale Dienste zusammen, um neue Versorgungswege zu entwickeln. Diese Struktur ermöglicht eine flexible und niedrigschwellige Hilfe, die dort ansetzt, wo Standardangebote oft versagen. Die Familien-Scouts sind dabei feste Ansprechpartnerinnen, die alle Familienmitglieder einbinden und Bedarfe erkennen, bevor sie zur Krise werden.

Studie belegt: Familien-SCOUT wirkt
Eine durch den Innovationsfonds geförderte Studie des CIO Aachen belegt den Erfolg des Projekts eindrucksvoll: Bei zwei Dritteln der betreuten Familien wurde eine signifikante Reduktion psychischer Belastungen nachgewiesen, bei Kindern stieg die Lebensqualität messbar. Darüber hinaus verbesserten sich die innerfamiliäre Kommunikation und das Problemlösungsverhalten. Die Ergebnisse waren so überzeugend, dass der Gemeinsame Bundesausschuss im Sommer 2024 eine Empfehlung für die Überführung in die Regelversorgung aussprach. Während der Studienphase wurde zudem die Übertragbarkeit des Projekts auf andere Regionen erprobt (Bonn und Düsseldorf).

Alltag entlasten, Lebensmut stärken
Die Arbeit der Familien-Scouts geht weit über die Beratung hinaus. Sie koordinieren Hilfen, vermitteln Psychoonkologen, begleiten bei Antragsstellungen und schaffen „krebsfreie Zonen“ für die Kinder: Spiel- und Freizeitangebote, Familienausflüge und Kreativworkshops bringen Leichtigkeit in belastende Alltagssituationen. Unterstützt werden sie dabei von einem engagierten Netzwerk aus Handwerksbetrieben, Dienstleistern und Helferinnen und Helfern.

Seit dem Ende der Pilotphase 2017 ist Familien-SCOUT fester Bestandteil der psychosozialen Versorgungslandschaft in der Region Aachen. Finanziert wird es aktuell über Krankenkassen, Jugendhilfeträger und Spenden. Eine dauerhafte Regelfinanzierung ist das erklärte Ziel.

Ein Preis, der Mut macht
Eberhard Sautter, Vorstandsvorsitzender der HanseMerkur, erklärt: „Familien in der Krise brauchen Ansprechpartner, die bleiben – nicht nur für den Moment, sondern für eine Wegstrecke. Die Familien-Scouts geben Halt, Orientierung und Hoffnung. Es berührt mich zutiefst, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Jahr ein Projekt ausgewählt haben, das so tief im Leben der betroffenen Kinder wirkt.“

Petra Stoschek freut sich über die Auszeichnung: „Unsere Arbeit ist dann erfolgreich, wenn Familien nach einer schweren Zeit sagen: „Wir haben das geschafft.“ Das Preisgeld hilft uns, dieses Angebot weiter zu sichern und über öffentliche Aufmerksamkeit die gesellschaftliche Bedeutung solcher Hilfen zu unterstreichen. Besonders bewegt hat mich zudem, dass das Angebot von den Mitarbeitenden der HanseMerkur ausgewählt wurde. Es zeigt, wie viele von ihnen das Thema aus eigener Erfahrung kennen – und wie sehr es berührt.“

Über den HanseMerkur Preis für Kinderschutz

Im UNO-Jahr des Kindes 1979 gab die HanseMerkur bei Prof. Dr. Hedwig Wallis, damals Direktorin der Psychosomatischen Abteilung an der Hamburger Universitäts-Kinderklinik, eine Studie in Auftrag, welche nachwies,dass die begleitende Mutter zur Beschleunigung des Genesungsverlaufs und zur Vorbeugung gegen seelische Schäden bei stationären Aufenthalten von Kindern entscheidend ist. Diese Erkenntnis mündete ein Jahr später in den „Mutter-und-Kind-Tarif“, mit dem die HanseMerkur als erster privater Krankenversicherer das „Rooming-in“ absicherte.

Parallel dazu wurde 1980 erstmals unter dem Motto „Sorge für Kinder ist Vorsorge für die Zukunft“ der HanseMerkur Preis für Kinderschutz ausgeschrieben. Ausgezeichnet werden einzelne Personen, private Initiativen und Gruppen in Deutschland, die sich weitgehend ehrenamtlich und höchst engagiert sowie beispielhaft für die Belange von Kindern und Jugendlichen einsetzen. Dies kann im Bereich der psycho-sozialen, der medizinischen oder gesellschaftlichen Hilfe bzw. Vorbeugung geschehen. Eine zehnköpfige Jury aus renommierten Kinderschützern, der unter anderem Prof. Dr. Sabine Andresen (Der Kinderschutzbund), Georg Graf Waldersee (Deutsches Komitee für UNICEF) und Prof. Dr. Sabine Walper (Deutsche Liga für das Kind) angehören, sorgt für den Know-how-Transfer und die Qualitätskontrolle bei der alljährlichen Auswahl exzellenter Initiativen im Kinder- und Jugendschutz. Seit 1980 haben sich rund 4.000 Projekte beworben. Ausgezeichnet wurden bislang 188 Projekte, die Preisgelder in Höhe von über 1,4 Millionen Euro erhalten haben.