Frau Matthiessen, FEMNA bietet Unterstützung zu vielen Themen der Frauengesundheit an. Ein sehr zentrales ist dabei Endometriose, eine der häufigsten Unterleibs-Erkrankungen bei Frauen. Warum steht Endometriose so wenig im öffentlichen Fokus?
Maxie Matthiessen: Die Erkrankung wird oft durch die Tabuisierung von Menstruationsbeschwerden und die allgemeine Stigmatisierung von Beschwerden, die nur Frauen betreffen, marginalisiert. Zudem führt ein Mangel an Bewusstsein und Bildung über Endometriose dazu, dass sie im öffentlichen Fokus unterrepräsentiert bleibt. Nicht zuletzt wird Endometriose oft erst spät diagnostiziert, was dazu beiträgt, dass sie lange nicht als ernsthaftes Gesundheitsproblem wahrgenommen wird. Endometriose erhielt bislang wenig Forschungsförderung und Aufmerksamkeit, was die Entwicklung neuer Diagnose- und Behandlungsmethoden negativ beeinflusst. Das alles trägt dazu bei, dass Frauen mit Endometriose sich nicht ausreichend unterstützt oder verstanden fühlen und die öffentliche Aufmerksamkeit für die Erkrankung nicht angemessen ist.
Wie äußert sich der Verdacht auf Endometriose?
Maxie Matthiessen: Der Verdacht auf Endometriose kann sich durch eine Vielzahl von Symptomen äußern. Zu den häufigsten und bekanntesten Anzeichen gehören starke, krampfartige Schmerzen im Unterbauch, die oft mit der Menstruation verbunden sind, aber auch außerhalb dieser auftreten können. Chronische Beckenschmerzen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, beim Wasserlassen oder Stuhlgang können ebenfalls Anzeichen sein. Ungewöhnlich starke oder langanhaltende Menstruationsblutungen oder Zwischenblutungen können ebenfalls auf Endometriose hinweisen. Zusätzlich können ausgeprägte Müdigkeit und Erschöpfung sowie häufig Schwierigkeiten beim schwanger werden auftreten. Da viele dieser Symptome aber auch bei anderen Erkrankungen auftreten, ist eine gründliche Untersuchung wichtig, um eine genaue Diagnose zu stellen.
Ab wann kann von einer gesicherten Diagnose gesprochen werden?
Maxie Matthiessen: Eine gesicherte Diagnose von Endometriose erfordert eine gründliche Anamnese und körperliche Untersuchung, gefolgt von bildgebenden Verfahren wie zum Beispiel Ultraschall oder auch MRI. Die definitive Diagnose erfolgt offiziell durch eine Bauchspiegelung, bei der verdächtiges Gewebe entnommen und histologisch untersucht wird. Erst nach dieser umfassenden Bewertung kann eine gesicherte Diagnose von Endometriose gestellt werden. Da dies oft ein langer Prozess ist und auch spezialisierte Fachkräfte benötigt werden, wird eine Diagnose oft erst nach vielen Jahren gestellt.
Wie ist die Idee zur Plattform entstanden?
Maxie Matthiessen: Als ich mein erstes Startup, Deutschlands erste Menstruationstassenfirma Ruby Cup, gegründet habe, erreichten uns zunehmend Anfragen zu Zyklusbeschwerden und zur Frauengesundheit. Viele Frauen hatten Fragen zu ihrer Periode, Regelschmerzen und anderen Gesundheitsthemen. Ich fragte mich damals: „Warum wenden sich so viele Frauen an eine Menstruationstassenfirma?“ Während meiner Recherche stieß ich auf eine schockierende Statistik, nämlich dass die durchschnittliche Behandlungszeit bei Frauenärzten in Deutschland lediglich sieben Minuten beträgt – inklusive Aus- und anziehen!
Bei komplexeren Fragen, wie Kinderwunsch, anhaltenden Regelschmerzen und Prämenstruellem Syndrom (PMS) ist diese Zeit natürlich viel zu kurz. Kein Wunder also, dass so viele Frauen begannen, im Internet nach Antworten zu suchen, oder – so wie bei uns – sich an Firmen wie Ruby Cup wandten, die mit dem Thema Zyklus in Verbindung stehen.
Über eine weitere Recherche stieß ich dann später auf das Thema Gender Health Gap, ein Begriff, der die große Versorgungslücke (d.h. Forschungslücke und damit einhergehenden Diagnose- und Behandlungslücken) in der Frauengesundheit zusammenfasst.
Was hat es mit dem Gender Health Gap konkret auf sich?
Ein paar Fakten des World Economic Forum helfen dabei, das Phänomen besser zu verstehen:
- Es vergehen im Durchschnitt acht Jahre bis zur Diagnose Endometriose.
- Starke Regelschmerzen halten Mädchen davon ab, in die Schule zu gehen.
- Eine von sechs Frauen hat aufgrund ihrer Symptome von Endometriose in Australien ihren Arbeitsplatz verloren.
Weitere Fakten aus einer kürzlich veröffentlichten McKinsey Studie:
- Die weltweite Lebenserwartung ist zwischen 1800 und 2018 von 30 Jahren auf 73 Jahre gestiegen. Das klingt gut, ist aber nur die eine Seite der Geschichte.
- Wenn man sich „Gesundheitszeit“ und nicht „Lebenszeit“ anschaut, sieht das Bild schon anders aus.
- Frauen verbringen einen größeren Teil ihres Lebens (im Durchschnitt neun Jahre) in eingeschränkter Gesundheit.
- Neben ihrem persönlichen Leiden beeinträchtigt sie dies, am Arbeitsplatz präsent und aktiv zu sein und verringert ihr Einkommenspotential.
In Anbetracht dieser und ähnlicher Tatsachen war und ist für mich klar: Frauen brauchen eine bessere Gesundheitsversorgung, angefangen mit einer einfach zugänglichen Anlaufstelle, wo sie Antworten auf ihre Fragen zur Frauengesundheit bekommen. Die Idee zu FEMNA war geboren.
Was bietet FEMNA interessierten Frauen im Rahmen ihrer Krankenversicherung und wie funktioniert das Angebot genau?
Maxie Matthiessen: FEMNA ist inzwischen Deutschlands führende Aufklärungsplattform für die Frauengesundheit und bietet seit einiger Zeit auch vollumfängliche Therapiebegleitung bei Zyklusbeschwerden, so wie zum Beispiel Endometriose.
Für krankenversicherte Frauen bieten wir mit FEMNA Care ein hybrides Versorgungsmodell. Dieses richtet sich speziell an Frauen im fertilen Alter mit einschränkenden Zyklusbeschwerden. Es handelt sich um ein sechsmonatiges Versorgungsangebot bestehend aus edukativen Schulungsinhalten und persönlicher Begleitung durch Tele-Coaches. Ziel von FEMNA Care ist es, das Wohlbefinden der Nutzerinnen mit Hilfe von Lebensstil fordernden Maßnahmen, Optimierung des Selbstmanagements und indikationsspezifischer Fachexpertise zu steigern.
Wir sind präventiv tätig, indem wir Folgeschäden verhindern und die Lebensqualität durch interdisziplinäre Therapiebegleitung verbessern.
Wie ist das Kundenfeedback auf FEMNA generell? Was berichten die Betroffenen?
Maxie Matthiessen: Wir bekommen tagtäglich E-Mails, in denen wir eine große Dankbarkeit erfahren. Frauen berichten uns immer wieder, dass sie sich endlich ernst genommen und sich sehr gut beraten und aufgehoben fühlen. Oft wird nach Behandlungsmöglichkeiten und einer schnellen Diagnose gefragt. Auch was bei Regelschmerzen getan werden kann und was dabei normal ist und was nicht, sind häufige Fragen.
Welche Versorgungsangebote bedarf es in der Frauengesundheit insgesamt, um Erkrankungen sicher zu diagnostizieren und effektiv zu behandeln?
Maxie Matthiessen: Es braucht mehr interdisziplinäre und multimodale Versorgungsangebote. Diese sind im hektischen Praxisalltag häufig aber nicht zu stemmen. Daher ist FEMNA eine tolle Ergänzung, denn jede Frau kann von überall auf das Angebot zugreifen, wird ausführlich betreut und bekommt schnelle Hilfe von medizinischem Fachpersonal aus der Physiotherapie, Psychologie und der Ernährungsmedizin.
Welche Rolle spielen innovative Behandlungsansätze in der Versorgung insgesamt?
Maxie Matthiessen: Innovative Versorgungsansätze, die auch die Digitalisierung mit einbeziehen, können helfen, Versorgungslücken zu schließen. Hierbei ist es aber wichtig zu erwähnen, dass die Digitalisierung allein nicht hilft. Der hybride Ansatz mit Beratung (online) und digitalen Aufklärungsinhalten, samt Formaten, in denen sich Betroffene untereinander austauschen können, haben sich für uns sehr bewährt und dafür bekommen wir auch täglich unglaubliches Feedback.
Nähere Informationen zu FEMNA gibt es hier.
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